Manche Personen triggern uns weniger, manche mehr. Wenn das passiert, fühlen wir uns meist unwohl, verärgert, wütend oder auch außer Kontrolle. Vielleicht fangen wir sogar an, die Person als unseren Feind zu betrachten und einen unsichtbaren Krieg mit ihr zu führen. In Wahrheit ist solch eine Situation die beste Gelegenheit für Selbsterkenntnis! 

Nur die Personen, die sich wie wir selbst, unsere Familie oder unsere Lieben verhalten, werden etwas in uns triggern. Deshalb ist es wichtig, jeden, der uns triggert, genau unter die Lupe zu nehmen. Denn es geht dabei immer auch um uns! Es gibt etwas in dieser Person, das wir "sehen" und uns zu eigen machen müssen  – nämlich den Teil von uns, von dem wir uns abgekoppelt haben - unseren Schatten.Der Schatten ist ein psychologischer Begriff für alles, was wir in uns selbst nicht sehen können.

Der am weitesten verbreitete Abwehrmechanismus, um die Konfrontation mit dem Schatten in uns zu vermeiden, heißt Projektion. Auf diese Weise verleugnen die meisten Menschen ihren Schatten, indem sie ihn unbewusst auf andere projizieren, um zu vermeiden, sich mit ihm selbst auseinanderzusetzen. 

Wenn du in deiner frühen Kindheit gelernt hast, dass es nicht in Ordnung ist, laut und bestimmt zu sein, dass Geld oder Sex schmutzig sind, dass es eine Schwäche ist, seine Gefühle zu zeigen, wirst du anfangen, diese Charakterteile in dir zu verstecken und sie unbewusst auf andere zu projizieren. Wir alle wollen ein "guter Junge" oder ein "gutes Mädchen" sein, damit wir von unseren Eltern und der Außenwelt geliebt und akzeptiert werden. So sorgen wir dafür, dass unsere Bedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit und Zugehörigkeit befriedigt werden. 

Wir konzentrieren uns also auf eine bestimmte Art von Verhalten, das akzeptiert und bestärkt wurde, und kehren alle nicht akzeptierten oder abgelehnten Teile von uns unter den Teppich, raus aus unserem bewussten Bewusstsein, hinein ins Unbewusste. 

Unsere falsche Identität, "gut" zu sein, hält uns davon ab, uns mit unserem Schatten zu verbinden und "ganz" zu werden. Hüte dich davor - wie einer meiner Lehrer zu sagen pflegte - besser ganz als gut! 

Besser ganz als gut - denn irgendwo im Unbewussten hat dein Schatten immer noch das Sagen, vor allem dann, wenn du es am wenigsten erwartest. Auch raubt er dir deine Energie, weil du ständig versuchst, ein Bild von dir aufrechtzuerhalten, das "perfekt und gut" ist. Das ist nicht nur anstrengend, es ist auch unmöglich. 

Carl Jung, der Vater der Schattenarbeit, schrieb: "Es gibt kein Licht ohne Schatten und keine seelische Ganzheit ohne Unvollkommenheit." 

Lass mich ein weiteres Beispiel geben. Sagen wir, es stört dich, wenn jemand arrogant ist (du kannst arrogant auch mit besonders sexy, emotional, machtvoll, schüchtern, geizig usw. ersetzen). Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass du dir deine eigene Arroganz nicht zugestanden hast.

Das heißt nicht, dass die Person nicht arrogant ist. Aber wenn die Arroganz nicht in deinem persönlichen Schatten enthalten wäre, würde dich die Arroganz einer anderen Person nicht so sehr stören.

Dieser Prozess läuft nicht bewusst ab. Wir sind uns unserer Projektionen nicht bewusst. Es ist ein Verteidigungsmechanismus, der aktiviert wird, um unsere so genannte "Persona" zu schützen, das Bild von uns, das andere sehen sollen. Zugleich verbergen wir die dunkleren, weniger schmeichelhaften Teile, die aber auch zu uns gehören. 

Wenn wir unsere Schattenseite integrieren und uns mit unserer dunkleren Hälfte versöhnen, bekommen wir Klarheit über uns selbst. Wir werden geerdeter, menschlicher und „ganz“.

Wenn wir unsere eigenen dunklen Seiten akzeptieren können, fällt es uns leichter, die Schatten in anderen zu akzeptieren. Wenn wir uns unsere eigene Menschlichkeit zugestehen, verstehen und akzeptieren wir die Menschlichkeit in anderen. Wir begegnen ihnen mit mehr Mitgefühl und Verständnis.

Die Schattenarbeit ist kein sehr beliebtes Thema - vor allem unter den Yogis, denen es oft nur um "good vibes only" geht. Wer gibt schon gerne seine Fehler, Schwächen, Egoismus, Eifersucht, Hass usw. zu? Ich auch nicht. Wenn wir aber unseren Schatten nicht erforschen, führt das oft zum spiritual bypass (einer spirituellen Umgehung). Seine Erforschung dagegen wird zu einem Mehr an Authentizität, Kreativität, Energie und Klarheit führen.

In der Folge wird das Verhalten anderer Menschen dich nicht mehr so leicht triggern.Es wird dir deutlich leichter fallen, mit anderen zu kommunizieren, und du wirst feststellen, dass sich deine Beziehungen in deiner Partnerschaft, Familie, Freundschaft und Arbeit verbessern. 

*Wenn du deinen Schatten etwas erforschen und dich mit ihm anfreunden möchtest, habe ich hier eine Übung für dich: 

1. Denke an eine Person, die etwas in dir triggert oder die dich in irgendeiner Weise reizt. Schreibe einen Brief an diese Person und sage ihr, was du an ihr nicht ausstehen kannst:

"Du bist so ein arrogantes A*loch. Du bist egoistisch. Du stellst dich selbst immer an erste Stelle. usw." Lass‘ alles raus. Überlege nicht zu viel, und versuche nicht, höflich zu sein, du wirst diesen Brief nicht abschicken. 

2. Schreibe dann diesen Brief neu und ändere alle "Du"s in "Ich"s. Ich bin ein arrogantes A*loch. Ich bin egoistisch, ….

Versuche, diese Teile von dir selbst zu akzeptieren, ohne sie zu verurteilen. Akzeptiere deine eigene Menschlichkeit. Wenn du an Scham- oder Schuldgefühle gewöhnt bist, versuche, diese Gefühle durch Freundlichkeit, Selbstakzeptanz und Selbstmitgefühl zu ersetzen. Übe diese Maitri- (Freundlichkeit) Haltung regelmäßig. Lege zum Schluss eine Hand auf dein Herz und bedanke dich bei deinem Herzen. 

Bitte, denke dran, wer du gerade bist ist absolut perfekt! BIg love, G. Zurück zum Newsletter hier.